dodis.ch/45190
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 26. März 1926
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474. Völkerbundsrat
Politisches Departement. Mündlich
Der Vorsteher des Politischen Departements berichtet über die Vertretung der Schweiz in der Studienkommission zur Prüfung der Frage der Erweiterung des Völkerbundsrates (siehe Protokoll vom 19.2 und 23. März. 19263).Die Anregung zur Einsetzung einer derartigen Kommission ist von Deutschland ausgegangen. Ausser den im Völkerbundsrate zurzeit vertretenen Mächten sollten ihr noch Argentinien, China, Deutschland, Polen und die Schweiz angehören. Es ist bedauerlich, dass wir nicht angefragt wurden, ob wir in der Kommission mitzuwirken bereit wären, bevor der Völkerbundsrat den Beschluss fasste, der Schweiz einen Sitz zuzuweisen, und dies durch die Presse veröffentlicht wurde. Jetzt sind wir in unsern Entschliessungen nicht mehr ganz frei. Die ändern Staaten, die dem Rate nicht angehören, sind offenbar ebenfalls nicht sondiert worden. Wenn auch gewisse Gründe gegen eine Beteiligung unseres Landes an den Arbeiten der Kommission sprechen mögen, so ist anderseits nicht zu verkennen, dass eine Ablehnung der Einladung insbesondere im Ausland nicht verstanden würde, und ferner, dass wir tatsächlich ein Interesse am Gedeihen des Völkerbundes und somit auch an einer zweckdienlichen Lösung der mit der Organisation des Völkerbundsrates zusammenhängenden Fragen haben. Der Vorsteher des Politischen Departements empfiehlt daher die Annahme der Einladung zur Entsendung eines Vertreters in die neu geschaffene Studienkommission.
In der Beratung wird einstimmig der Meinung Ausdruck verliehen, dass die Schweiz die Einladung jetzt nicht ablehnen könne und dass Herr Bundesrat Motta als Vertreter unseres Landes in der Kommission zu bezeichnen sei. Es werden verschiedene Bedenken geäussert, aber gleichzeitig wird bemerkt, dass eine Ablehnung im gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit ausgeschlossen sei. Dagegen wird darauf hingewiesen, dass man davon spreche, der Vorsitz der Kommission solle der Schweiz angeboten werden. Darüber, ob das Präsidium angenommen werden solle oder nicht, wird in einer spätem Sitzung zu entscheiden sein4, nachdem der Vorsteher des Politischen Departements sich nähere Auskunft über diesen Punkt verschafft haben wird.
Demgemäss wird beschlossen:
Die Einladung an die Schweiz, in der Studienkommission zur Prüfung der Frage der Erweiterung des Völkerbundsrates mitzuwirken, wird angenommen und Herr Bundesrat Motta als Vertreter unseres Landes in dieser Kommission bezeichnet.